Um 5Uhr stehen wir auf, richten erst uns und dann unsere Rucksäcke für den Tag. Letztere deponieren wir auf dem Weg zum Appalachian Trail Cafe in Paul’s SUV im Hof der Lodge. Das Cafe ist im Ort und gehört auch Paul und seiner Frau Jamie. Es ist liebevoll eingerichtet, mit Bildern und allem möglichen Tand ’Rund um den AT’. Das Frühstück ist hervorragend und wir stärken uns ausgiebig für den vor uns liegenden großen Tag. Punkt 6:30 ist Abfahrt angesagt und nach weiteren Tips und Anekdoten von Paul sind wir nach einer knappen Stunde im Baxter State Park und fünf Minuten später am Fuße von Mt. Katahdin an der Ranger Station von Kathadin Stream Campground. Hier deponieren wir unsere großen und schweren Rucksäcke auf dem Frontporch und ‚leihen’ uns aus dem Schrank je einen kleinen Tagesrucksack. Nachdem wir diese mit den Utensilien für den Tag gefüllt haben werden wir von einem Ranger noch registriert und bekommen eine Einweisung in den Berg: Heute ist gutes Wetter und der Berg ist ‚offen’. An Tagen mit schlechterem Wetter ist der Berg teilweise oder sogar ganz gesperrt. Trotzdem ist die Besteigung kein Sonntagsspaziergang und immer wieder müssen Menschen gerettet werden, wegen fehlender Ausrüstung oder einfach weil sie sich übernommen haben.
Um 8Uhr machen Jason, die beiden Jungs und ich mich auf den Weg. Freebird, der schon öfter hier war nimmt eine andere Route zum Gipfel. Wir vier beschließen zusammen zu bleiben, überqueren den Fluß und verlassen den Campingplatz und folgen dem Weg in den Wald gen Norden. Entlang Katahdin Stream, vorbei an den Wasserfällen gewinnen wir nach und nach an Höhe und der Weg wird schwieriger. Immer mehr Felsen heist es zu bewältigen und als wir die Baumgrenze hinter uns lassen klettern wir nur noch über, unter und durch Felsen. Kurz vor mittag passieren wir ‚The Gateway’ und das Gelände wird flacher, wir betreten die ‚Table Lands’ und erreichen gegen 1Uhr den Gipfel des höchsten Berges in Maine: Mount Katahdin dessen Name aus dem indianischen übersetzt ‚Größter Berg’ bedeutet. Hier auf 1602 Meter ist es auch im Juli angenehm kühl und wir erholen uns erst mal von den ‚Strapazen’ des Aufstiegs und genießen die einmalige Aussicht.
Reges Treiben herrscht hier oben insbesondere um das Gipfelschild, mit dem sich Jeder fotografieren lassen will. Wir müssen für unser ’Beweisfoto’ anstehen! Hier oben ist der nördliche Terminus des Appalachian Trails - für viele das Ender ihrer Reise - für uns der Anfang!
Nachdem wir dann endlich unsere Gipfelbilder im Kasten haben brechen auch wir wieder auf, der Abstieg wird nicht viel einfacher als der Aufstieg, zumal Jason mit Höhenangst zu kämpfen hat. Heute früh hatte er den Berg vor sich und musste nicht in die Tiefe sehen - das wird jetzt anders. Er ist in Florida zuhause und dort gibt’s keine Berge, bestenfalls Hügel - was ihm bereits beim Aufstieg den Namen ‚Flatlander’ einbrachte. Ich habe ihm ein paar psychologische ‚Haltepunkte’ gegeben und an besonders schwierigen Passagen haben wir ihn einfach strategisch in unsere Mitte genommen und ich muß sagen er hat den Abstieg mit Bravour gemeistert.
Um 18 :00 sind wir, nach 2mal 1300 Höhenmetern, abgekämpft und mit schmerzenden Knien wieder an der Ranger-Station. Jedoch Alles in Allem wohlbehalten, all die kleinen und großen Wewehchen werden in den nächsten Wochen zu ständigen Begleitern werden.
Ganz wichtig: Unserem Bangen ob eines Schlafplatzes wird ein Ende gesetzt: Der diensthabende Ranger lässt uns auf einem abseits gelegenen Platz mit 2 Schutzhütten übernachten. Dieser Platz ist normalerweise für Thru-Hiker (Wanderer die den AT in voller Länge wandern) die von Süden kommen vorbehalten. Noch früh in der Saison sind heute keine ‚Northbounder’ angekommen und somit dürfen wir den Platz belegen. Erleichtert schultern wir unser ‚richtigen’ Rucksäcke, fassen noch Wasser am Fluß und machen uns auf, den etwas abgelegenen Platz zu beziehen. Dort treffen wir auch Freebird wieder. Während wir unser Nachtlager aufschlagen und unser Abendessen zubereiten tauschen wir unsere Geschichten des Tages aus, bevor wir erschöpft und müde in unseren wohlverdienten Schlaf sinken.
Unser Höhepunkt des Tages war ein Wanderer den wir, noch unterhalb der Baumgrenze, überholten. Er lies sich über die Ranger aus, die ihm wohl ziemlich zugesetzt hatten daß der Aufstieg sehr schwierig sei und ob er es sich gut überlegt habe - oder so ähnlich. Er wetterte über die Parkaufseher, daß das hier einer der leichtesten Trails sie, die er in seinem Leben bewältigt hatte und er werde einen Brief an die Park-Verwaltung schreiben. Bei unserem Abstieg auf Höhe des Gateways trafen wir ihn wieder - er war den Rangern inzwischen deutlich milder gesonnen als noch 6 Stunden zuvor!
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